Baubericht Papegojan, Kapitel 15: Eine kleine Machbarkeitsstudie


 

 

Heute nun mal etwas ganz, ganz anderes. Ich nenne es Machbarkeitsstudie. Schon lange grübelte ich darüber nach, ob und wenn ja wie ich meine Geschütze außer dem Brooktau noch weiter takele. Der Maßstab, und dann die Enge an Deck; da mit meinen großen Fingern dazwischen rumwurschteln - hmm, schwierig. Also dachte ich mir, ich schaue mal, was so geht. Und das ging dann so:

Zuerst mal brauchte ich dafür ein Übungsdeck. Also tat ich das, was ich mir bei anderen Modellbauern abgeguckt habe - ich bastelte mir eine Battle-Station. Allerdings mit einem anderen Ansatz; es ging mir weniger darum, ein perfektes Stück Schiff zu bauen, sondern um das Finden von möglichen Varianten einer weiteren Geschütztakelung an Deck meines Schiffes. Genügend Pappreste habe ich ja noch, also frisch ans Werk.
Von meiner Werft hatte ich ja schon vor einiger Zeit eine der dortigen Lafetten genommen und das Takeln des Brooktaus geübt.
Ich weiß, das Brooktau ist zu lang, aber für meine Machbarkeitsstudie war das nicht von Bedeutung. Dennoch habe ich mir ein bissel Mühe gegeben und die Station etwas aufgehübscht. Habe also die Planken durch Anritzen der Finnpappe angedeutet und alles hübsch gepinselt und auch die Bordwand beplankt. Und dann ging es an das Takeln selbst. Mehrere gründliche Blicke in den Mondfeld zeigten mir sehr schnell die Grenzen des Machbaren bei diesem Maßstab, also entschied ich mich für eine zwar vereinfachte Variante, die aber dennoch das Prinzip zeigen sollte.
0,1 mm Takelgarn, selbstgefertigte 2mm-Blöcke aus Karton, und es funktioniert! Das heißt, die Taue flutschen nur so durch die Blöcke, dass es eine helle Freude ist!
Die nötigen Ringe habe ich aus 0,3 mm Kupferdraht geformt, indem ich den Draht einfach um eine Stecknadel gewickelt habe, diese eine Windung mit der Zange zusammengedrückt habe, den Rest abgeschnitten und dann in das zuvor gestochene Loch an der jeweiligen Stelle (2 in das Deck, zwei in die Lafette) gesteckt habe. Sekundenkleber hält die Teile dort fest.

 

Nun aber das Wichtigste! Nämlich das Ergebnis selbst. Man kann auch mit einer stark vereinfachten Takelung sehr gut zeigen, wie das Prinzip funktioniert, insofern war das Bauen dieser kleinen Studie nicht nur höchst unterhaltsam, sondern auch recht lehrreich. Und es funktioniert wirklich! Wenn man an den richtigen Tauenden zieht, passiert genau das, was man will. Fantastisch.
Kurz vor dem Feuerbefehl - 1. bis 3. Bild.

Dann kommt der Feuerbefehl, und der Rückstoß lässt das Geschütz wieder ins Schiffsinnere sausen, dabei zum glück gestoppt durch das Brooktau, sonst würde es sicher die gegenüberliegende Bordwand durchschlagen und auf Nimmerwiedersehen im Meer versinken. Mit den Rückholtakeln wird die Lafette dann ordentlich binnenbords ausgerichtet und kann nun neu geladen werden. (4. Bild)  Zieht man anschließend an den Ladetakeln, wird die Kanone wieder ausgerannt.

 

Die Botschaft dieser mehrstündigen Bastelei aber ist für mich eindeutig: Ich werde es auf der Papegojan bei den Brooktauen an den Geschützen belassen. Bei dem Maßstab und der Enge an Deck wüsste ich gar nicht wohin mit meinen Fingern beim weiteren Auftakeln der Kanonen; die Gefahr, dass ich Knechte, Nagelbänke und alles andere dabei abreiße oder sonstwie in Mitleidenschaft ziehe, ist mir viel zu groß. Das Takeln außerhalb fällt schon deshalb flach, weil die Brooktaue meiner Lafetten bereits fest in der Bordwand verankert sind und ich die jetzt auf keinen Fall nochmal rausreiße. Das würde zu irreparablen Schäden führen. Jetzt hoffe ich darauf, bald meine Kanonenrohre brünieren zu können, um dann die Geschütze ordentlich zu bestücken und in ihrer endgültige Postion zu fixieren.
Und außerhalb erfreue ich mich an meinem kleinen Battle-Station-Spielzeug und ziehe immer mal wieder an den einzelnen Tauen.


Beim nächsten Modell werde ich aber das Problem der Geschütztakelung eher durchdenken und dann schauen, was machbar ist; insofern war der heutige Werfttag auch aus dieser Sicht alles andere als umsonst.

Der guten Ordnung halber sei darauf hingewiesen, dass meine gewählte Takelung die kontinentale Geschütztakelung ist und in der form auch nur bei größeren Geschützen zur Anwendung kam. Auf englischen und kleineren kontinentalen Schiffen wurde nur ein anstatt zwei Rückholtakel angebracht.