Baubericht HMS Mercury, Kapitel 28: Weiter am Großmast; Nacharbeiten am Fockmast; Aus dem Nähkästchen geplaudert


Oktober 2017

Die Sommerpause in meiner Werft endete in diesem Jahr spät. Bevor es wieder so richtig losging, galt es aber erst einmal, die Mercury transportsicher zu machen, denn ich hatte es mir in den Kopf gesetzt, an einem großen Treffen von Kartonmodellbaufreunden unbedingt mit meinem Modell aufzukreuzen.

Ich entschied mich nach langem Überlegen für eine "offene" Variante, also kein vorsichtiges Einpacken in Watte oder andere weiche Materialien. Schon seit einiger Zeit hatte ich Modell und Ständer fest mit zwei Stahlstiften, die im Kiel verankert wurden, verbunden. Im Baumarkt holte ich mir ein Brett, dessen Grundfläche überall größer war als die  der Mercury. Da ich den Ständer später nicht verwenden werde, wenn das Modell fertig ist (es soll in einem Diorama eine Szene auf See zeigen, also in einer "Wasseroberfläche" schwimmen), hatte ich keine Scheu, den Ständer, dessen Unterseite plan ist, mit Ponal Express bombenfest auf das zuvor glatt geschliffene Brett zu leimen.

Zusätzlich legte ich noch ein dickes Stück Karton quer über die Kuhl und band fest ein Tau mit einer Talje darum. Das Gebilde wurde dann einfach auf die Rückbank meines PKW gesetzt und der Fußraum so ausgepolstert, dass selbst bei etwas heftigeren Bremsmanövern der Rutschweg des Brettes nur ein sehr minimaler ist.

Bevor die Reise begann, fertigte ich alle Stengen, so dass ich sie vor Ort aufstecken konnte. Einmal Probe zu Hause, um zu sehen, wie groß mein Schiffchen einmal wird - oh ja, das sieht schon gewaltig aus!

Ich kann berichten, dass meine Mercury die Reise sowie das tolle Treffen ohne jegliche Schäden überstanden hat. Allerdings musste ich mir dann zu Hause einen neuen Ständer bauen, denn der alte geht nicht mehr ab von dem Brett. Kein Problem - vielleicht ergibt sich mal wieder eine Transportnotwendigkeit, und dann habe ich jetzt ein funktionierendes System. Und der neue Ständer war schnell gebaut - da ich sämtliche Lasercut-Bögen aufhebe, auch die, aus denen ich alle Teile herausgelöst und verbaut habe, hatte ich eine Schablone für die nötigen Teile. Und Kenner der Szene sehen, welcher Film da nebenbei auf meinem PC lief...


...und weiter am Großmast

 

Nun also weiter mit dem Großmast. Knapp die Hälfte der Wanten war ja bereits gesetzt; es war also jetzt nur noch eine Fleißarbeit, auch die restlichen Taue anzubringen. Eingedenk der Erfahrungen am Fockmast hatte ich diesmal nicht alle Wantpaare auf einmal hergestellt; vielmehr wurde jedes Paar immer erst vor der Montage gekleedet. So konnte ich die Endpunkte der Kleedung einigermaßen in eine waagerechte Linie bringen.

Fotos sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern oftmals auch gnadenlose Fehleraufzeiger. Im zweiten Bild sieht man das: Die im Bild hinterste Rüstjungfer ist viel zu weit oben; der Zug hat dafür gesorgt, dass ihre Einfassung ein Stück aus dem Rüstbrett herausragt. Also musste ich hier alles loswerfen, das durch die Zugkräfte aufgebogene obere Teil des Rüsteisens zurecht biegen, die Rüstjungfer bombenfest einfügen, das Taljereep wieder reinfädeln, spannen - hält!

 

Da der Großmast eine ungerade Zahl an Wanten hat, mussten die jeweils hintersten Wanten anders gefertigt werden. Sie bestehen aus einem Ende, das man im Masttop auflegt und dazu ein Auge durch einen Hufeisenspleiß bildet.Nun, gespleißt hab ich nicht wirklich, aber ich habe ein kleines Stück gekleedetes Tau zur Bildung des Auges verwendet. Ich muss sagen, dass diese letzten beiden Wanten recht knifflig waren, da sie ja direkt miteinander "kommunizieren" - zieht man an Backbord zu sehr, steht die Wantjungfer an Steuerbord zu hoch, und umgekehrt. Am Ende sah es aber so aus, dass ich zufrieden war.

Es war und ist auf jeden Fall eine gute und richtige Entscheidung, dass ich die Jungfern alle ordentlich ausgekeept habe, also die Löcher mit einem 0,5mm-Bohrer mit einer schrägen Nut zur Führung des Taljereeps versehen habe. Dadurch liegen die Taljereeps, also die dünnen Taue, die die Rüstjungfer und die Wantjungfer verbinden und mit denen man die Wanten steifsetzt, richtig gut an.

Und der Blick auf einen aufgeräumten Masttop zeigt einmal mehr, dass die Mühe, die man sich mit dem Kleeden macht, unbedingt lohnenswert ist.

 Bevor nun Großstag und Großborgstag angebracht werden, gilt es, die Rahtakel für die Großrah zu fertigen und anzubauen. Dazu brauche ich:
- ein gekleedetes Stück Tau
- dünnen Faden
- zwei einscheibige Blöcke 6mm
- Leim
- Skalpell
- Zahnstocher zum Aufbringen kleiner Leimmengen

Nach konzentrierter Arbeit liegen die beiden Takel dann auf der Schneidematte und sind fertig für's Anbringen. Das habe ich, wie bereits auch am Fockmast, mit einer Laschung, die jeweils auf der entgegengesetzten Seite des Masttops durch eine Stopperklampe geführt wird, realisiert.


Das Großstag - ein dicker Tampen!

 

November 2017

Wenn alle Wanten eines Mastes gesetzt sind, kommen die Stage dran. So auch am Großmast, auch hier ein Stag und ein Borgstag. Nach dem Ankertau ist das Großstag das dickste Stück Faden, was so ein Schiff damals an Bord hatte. Also nahm ich 3x 1mm Amati schwarz und reepte mir damit ein feines Großstag. Im ersten Bild sieht man mein Großstag im Vergleich mit einem Wanttau für den Großmast, welches ich aus 3x 0,5 mm geschlagen habe.

Dann wurde es im Bereich des zu fertigenden Auges gekleedet und dabei auch gleich in der Kleedemaschine die Stagmaus gefertigt, die ein Zuziehen des Auges am Masttop verhindern soll. Dann muss der Abstand gemessen werden, um die Herzkausche für das Straffen des Stages einzubinden.

So vorbereitet kann es dann schon an den Mast. Mit einem kräftigen Taljereep werden nun die beiden Herzkauschen des Stags und des Stagkragens straff miteinander verbunden, anschließend wird die Talje provisorisch gesichert, um später, wenn das stehende Gut komplett dran ist, alles nochmal nacheinander nachzustraffen, ehe dann alle Taue endgültig fixiert werden.

Nach dem selben Prinzip wird dann das Großborgstag gefertigt und angebracht. Im vierten Bild ein Blick zum Masttop; das Großstag liegt vorschriftsmäßig unter dem Großborgstag (Shipyard meint in der Bauanleitung übrigens, es genau anders herum zu bauen...).

Später, wenn alles stehende Gut endgültig gestrafft und befestigt ist, kommt bei Fock und Groß noch eine sog. Schlangenleine zwischen das Stag und das Borgstag. Das zeige und erkläre ich dann, wenn es soweit ist. Der Besanmast bekommt übrigens kein Borgstag; ihm reicht ein Stag. 

Ein paar Tage später sah ich, dass die beiden hinteren Wanten nicht richtig im Masttop auflagen. In der Bilderreihe direkt hier drüber im 5. Bild kann man genau sehen, wie das hinterste Wanttau im oberen Bereich das Tau davor kreuzt. Anstatt neben dem vorigen Wantenpaar lagen auf beiden Seiten die hintersten Wanttaue über diesen und kreuzte sie dann auf dem Weg nach unten. Das lag daran, dass das Auge, welches ich da eingebunden hatte, nicht passte. Man benötigt dort ein "unsymmetrisches" Auge; der Part, der bugwärts um den Masttop liegt, muss bedeutend länger sein als der, der heckwärts zeigt. Also wurden diese Wanten wieder gelöst, Stag und Borgstag kamen nochmal runter, damit ich die Wanten "scherenfrei" abbekam. Dann wurde das Auge neu gefertigt, wieder aufgelegt, die Wanten wieder steif gesetzt und die beiden Stage wieder angebracht. 

Das letzte Bild der Reihe über diesem Text zeigt, wie es jetzt aussieht. Und ich weiß, wie ich es am Besan - denn der hat auch eine ungerade Zahl an Wanten (5) - besser mache.

Auf dem Bild sieht man übrigens auch, dass ich schon bei den Wanten des Besanmastes bin - dazu später mehr. Zuerst einmal gilt es noch etwas anderes zu zeigen.


Nachtrag Mai 2020
Aktuell bin ich beim Anbringen der Stagsegel. Und da stelle ich fest, dass es besser gewesen wäre, darüber viel eher nachzudenken. Einige der Stagsegel bekommen dafür ein eigenes Stag, welches man dann getrost später anbauen kann; andere wiederum werden an vorhandenen Stagen gesetzt. Wer also vorhat, sein Modell später auch mit Stagsegeln zu bestücken - egal ob im gesetzten oder geborgenen Zustand - tut gut daran, sich zu überlegen, ob er diese nicht bereits zu diesem Zeitpunkt soweit vorbereitet, dass man diese Segel mittels Stagreitern auf das Stag fädelt, bevor man dieses anbringt. Ich habe das nicht getan und baue jetzt teilweise die Stage wieder ab - siehe dazu die Beiträge ab Kapitel 34.

 


Nacharbeiten am Fockmast
Mein Ausguck hat sich ganz schön gewundert, als hinter ihm plötzlich rege Betriebsamkeit herrschte.
Man sieht da zum einen diesen dicken Block, der am Masttop befestigt wurde, und dann noch eine eingebundene Kausche eines zweischenkligen Stropps, deren beide Enden jeweils über eine Längssaling und der darauf sitzenden Kalbe befestigt sind. Die Taue, mit denen der Block bzw. die Kausche eingebunden wurden, wurden vorher vorschriftsmäßig gekleedet. Das Anbringen selbst war dann eine ganz schöne Fummelei - tja, selber schuld, da hätte ich auch eher dran denken können, als z.B. die Marsplattfom noch nicht angebracht war.
Nun fragt sich der eine oder die andere sicher, wozu diese Teile da sind? Ich will das gern erklären; im dritten Bild mal eine Zeichnung mit allen Stagen, die an so einem Schiff sind. Stage dienten der Stabilisierung der Masten in Längsrichtung. Genau wie die Wanten, die die Querrichtung sichern, muss es ständig möglich sein, sie nachzuspannen. Deshalb ist es zwar eine Vereinfachung, sie am Modell einfach an den nächsten Mast zu binden, aber richtig ist es keinesfalls. Bei meiner Mercury jedenfalls werden sie so gebaut, wie es der Praxis entspricht. Das zur Einleitung.
Also, der Stropp mit der Kausche ist für das Großbramstag da, hier die Nummer 52. Dieses Stag, von der Bramstenge des Großmastes kommend, hat an seinem Ende auch eine Kausche eingebunden. Diese beiden werden dann mittels eines Taljereeps straff verbunden. Der dicke Block dient der Weiterführung des Großstengestags (Nr. 40). Es kommt aus dem Top der Marsstenge des Großmastes, wird durch diesen Block nach unten geführt. An Deck ist neben dem Fockmast dafür als Gegenstück ein Augbolzen eingelassen, an dem ein Stropp mit einer Kausche befestigt ist. Auch das Ende des Stags hat eine eingebundene Kausche, und so werden diese auch hier wieder mittels Taljereep verbunden und das Stag so straff gesetzt.

Und beim Schreiben dieser Passage meines Bauberichtes sah ich, dass ich da am Top des Fockmastes noch eine Kausche anbringen muss: Auch das Groß-Oberbramstag, Nr. 55, wird dort befestigt. Kommt demnächst...


Schief ist englisch? Nicht bei der Mercury! 

 

Ich habe ein paar Tage später nochmal an den Wanten gearbeitet. Aber nun nicht in dem mir ja durchaus nicht wesensfremden "Abriss-Modus", keine Bange. Doch mit einem einäugigen Blick in Längsrichtung sah ich, dass der Großmast einen leichten Drang nach Steuerbord zeigte. Also an Steuerbord alle Taljereeps gelockert, wodurch natürlich auch die an Backbord an Spannung verloren. Dann dort alle, beginnend bei dem bugwärts befindlichen Taljereep, nachgespannt, dann auf Steuerbord auch wieder ein wenig angezogen, und schon stand der Großmast exakt senkrecht, wie sich das gehört. Genauso haben die das früher auch am Original gemacht.
An sich ist der "Schiefstand" logisch: Das erste Wantpaar, welches ich aufgelegt hatte, war Steuerbord. Beim Straffen entsteht natürlich ein einseitiger Zug auf den Mast, und wenn dann das erste Wantpaar auf der Backbordseite gesetzt wird, gibt es hier beim Spannen ja den Widerstand der anderen Seite, so dass der Mast zwar ein wenig, aber eben nicht vollständig wieder in die exakte senkrechte Position zurückgeholt wird. Man nimmt dann diesen Fehler quasi bis zum letzten Want mit.


 Aus dem Nähkästchen geplaudert...

 

Ich möchte heute mal am Beispiel eines Schenkelstropps zeigen, wie ich so beim Takeln arbeite. Ich finde, so etwas wird viel zu wenig gezeigt. Dadurch entsteht zum einen für Außenstehende der Eindruck, dass das ja alles waaaaaaahnsinnig schwierig und kompliziert ist, zum anderen bekommt man, wenn man es nicht mal zeigt, auch keine Tipps, wie man es noch besser und/oder leichter machen kann.
Also dann zum Schenkelstropp. Zuerst einmal: Was ist das? Nun, das ist schnell erklärt bzw. gezeigt. Im Bild direkt hier über diesem Abschnitt sieht man einen - das Teil mit dem schwarzen Ring rechts neben meinem aufmerksamen Ausguck ist gemeint.

Man benötigt dies, um das Großbramstag steifzusetzen - ein Blick auf die entsprechende Zeichnung über diesem Text - es geht um das Tau mit der Nr. 52.

Nun benötige ich auch solch einen Stropp auf der Marsplattform des Großmastes, um dort das Kreuzbramstag (Nr. 53) zu befestigen.
Eine Kausche muss also eingebunden werden. Dazu brauchen wir erst einmal eine Kausche. Die fertige ich mir aus einem dünnen Messingrohr, Außendurchmesser 1,8 mm, Innendurchmesser 1,2 mm. (Wobei das mein dickstes Messingrohr ist - ich habe noch zwei andere mit geringeren Abmessungen für kleinere Kauschen.)  Ich verfüge über keinen großen Maschinen- und Werkzeugpark; die Kauschen schneide ich also mit einer kleinen Metallsäge freihändig ab. Das Problem dabei ist, dass die kleinen Mistdinger immer den Drang haben, nach dem Absägen nach unten zu fallen - und damit meine ich nicht auf  die Tischplatte, sondern den Teppich darunter - und einmal dort angekommen, sind sie wahre Meister im Verstecken! Aber man ist ja nicht umsonst Kartonmodellbauer - ein Stück Karton ist schnell zur Hand, wird zur Kauschenauffangschale umgebaut und schon bleiben alle brav an Bord.

Die Kauschen werden dann aufgefädelt und dürfen ein ausgiebiges Brünierbad nehmen.

Und jetzt geht's los! In der Zeit, in der die Kauschen im Bad herumtollen, habe ich ein Stück Takelgarn gekleedet, denn alle solche und ähnliche Stropps sind gekleedet. Nun lege ich mir alles zurecht, was ich benötige. In der Mitte, klein, aber fein, unsere Kausche, darüber das gekleedete Tau. Ponal Turbo, mein Lieblingskleber bei solchen Aktionen, eine Rolle dünnes schwarzes Garn, ein Stück Papier, um da einen Klecks Kleber zu deponieren, der unvermeidliche Zahnstocher zum Auftragen des Klebers, eine dritte Hand, ein kleines Stück Karton als "Kauschenschoner" und ein Schneidewerkzeug.
Zuerst wird mit dem Tau eine Bucht gelegt, diese von innen eingeleimt und dann die Kausche dort reingeklebt.

Um das relativ weiche Messing vor den Zähnen der Kroko-Klemmen der dritten Hand zu schützen, kommt das kleine Kartonstück zum Einsatz. (Ich habe kürzlich in einem Forum einen tollen Trick entdeckt, bin nur noch nicht dazu gekommen, den umzusetzen: Die Krokoklemmen einfach platt machen! Genial einfach, einfach genial.)  Ich knote an ein Ende des Taus ein Stück des dünnen Garns, leime es mit einem Tupfer Ponal fest und binde jetzt die Kausche mit einigen Rundschlägen fest ein.

Festleimen und Enden kappen, dann schaut es so aus wie im letzten Bild.

 

Jetzt geht es an den ersten Schenkel. Ich lege eine Bucht (den Abstand zur Kausche muss man natürlich vorher am Modell ausmessen), und fixiere das wieder in der dritten Hand. Wieder wird um ein Ende ein Stück Garn geknotet und verleimt; dann mache ich zwei bis drei Schläge, um eine kleine Öse zu erhalten. Ohne den Faden zu kappen, leime ich ihn fest, so dass er sich nicht wieder aufdröselt.

Theoretisch bräuchte man ja jetzt nur ein paar Wicklungen mehr vornehmen, festleimen, das überstehende Ende Tau kappen und fertig ist die Laube. Aber mal ehrlich: Wie würde das denn aussehen? Man hätte dann eine dicke, gleichförmige "Walze", die abrupt endet und kantig in ein dünnes Stück Tau übergeht. Im Original wurden solche Ösen und Augen gespleißt und dann gekleedet; das wäre jetzt im Maßstab 1:72 ein klein bischen übertrieben... Aber es soll wenigstens so aussehen als ob, daher habe ich folgende Variante gewählt:
  Im ersten Bild einmal ein Blick auf das Ergebnis der zuletzt geschilderten Aktion. Und jetzt kommt's: Ich schneide das nicht benötigte Ende bis auf ein kleines Stück ab. Was passiert? Genau, die Kleedung dröselt sich auf, da ich sie vorher nicht mit Leim fixiert habe. Und das mit voller Absicht. (Bild 2)

Den Kleedefaden kappe ich jetzt so dicht wie es geht an der bisherigen Bindselung, spanne das alles wieder in die dritte Hand und fahre damit fort, mit dem dünnen Faden das Tau zu umwickeln, bis das kleine Stück jetzt ungekleedetes und dadurch viel dünneres Garn komplett eingewickelt ist. Dann wieder Ponal, kurz trocknen lassen, aus der dritten Hand nehmen und das Ende des dünnen Garns kappen. (Bild 3)

Die gleiche Aktion jetzt nochmal am anderen Schenkel, und am Ende sieht es dann so aus. (Bild 4)

Wie man sieht, sind die Schenkel nicht exakt gleich lang. Das hier war gewissermaßen live, und ich wollte es so zeigen, wie ich es "im Alltag" baue, und da wird nicht immer alles total perfekt. Man könnte es neu bauen, aber in dem Fall habe ich mir überlegt, wo das Teil angebaut wird und was man später davon noch sieht. Und im Ergebnis dieser Überlegung wurde es so wie es ist angebracht. Dazu habe ich in jede der beiden Ösen einen dünnen Faden befestigt, das andere Ende in eine Nadel eingefädelt und dann jeden Schenkel für sich um einen Holm der Längssaling der Marsplattform gebunden. Im vorletzten Bild sieht man den Arbeitsstand kurz vorm finalen Festmachen der beiden Garnenden.

Nachdem alles sauber verknotet und die Enden gekappt wurden, habe ich probehalber die Marsplattform aufgesetzt, um zu sehen, wie es im Ergebnis aussieht. Nun, mir gefällt es so.

Also, man sieht, das ist alles keinerlei Teufelszeug oder so, und auch nicht sonderlich kompliziert.
Und speziell immer dann, wenn zwei gekleedete Enden miteinander verbunden werden sollen und man weiß, dass das im Original immer auf einen Spleiß hinauslief, finde ich meine Methode mit dem kurz Einbinden und dann das überschüssige Ende kurz kappen, die Kleedung entfernen und das eigentliche Tau mit einbinden optimal. So habe ich z.B. die Stagaugen gelegt oder auch die Hanger für die Ladetakel sowie die beiden letzten Wanten des Großmastes.
Vielleicht hilft es ja dem Einen oder der Anderen, wenn er oder sie auch mal ans Auftakeln eines historischen Segelschiffes kommt.

 

Nachtrag Januar 2019: Sowohl zur Herstellung als auch zum Einbinden von Kauschen habe ich inzwischen andere Methoden, die ich in Kapitel 31 vorstelle.