21. Februar 2016
Weiter vorn hatte ich ja berichtet, dass ich mir bei Herrn dafi Ätzplatinen mit Rüsteisen und anderen wichtigen Kleinteilen (Augbolzen, Klampen, Haken) gekauft hatte. Nachdem ich nun endlich auch das richtige Brüniermittel bekommen habe, konnte es losgehen. Begonnen habe ich mit dem Backbord-Großmastrüstbrett. Dazu wurden erst mal die mühsam mit selbstgebogenen Drahteinfassungen versehenen unteren Rüstjungfern wieder rausgefetzt.
Das mag einem jetzt barbarisch und unnötig vorkommen, aber ich glaube, die nachfolgenden Bilder zeigen, welchen Qualitätssprung man mit diesen tollen Ätzteilen macht. Und das schreibe ich hier aus purer Begeisterung - ich bekomme keinerlei Tantiemen vom guten dafi und bin mit ihm weder verwandt noch verschwägert. Ich habe ihn aber am Telefon als netten und sehr hilfsbereiten Modellbaukollegen kennengelernt, der mit einem reichhaltigen Erfahrungsschatz und einem profunden Wissen um die Segelschiffe dieser Zeit im Allgemeinen und über die Victory im Besonderen zu begeistern weiß. So, das wollte ich gern klarstellen...
Dann wurden zwei abgeknipste Hemdennadeln in die Klebekante gesteckt und mit Sekundenleim bombenfest geklebt; in die Aufnahmenut an der Bordwand wurden an passender Stelle die "Gegenlöcher"
gebohrt. Die Rüsteisen und Jungferneinfassungen wurden brüniert.
Bevor die eingefassten Jungfern in das Rüstbrett gesteckt wurden, habe ich die Löcher noch mit einem dünnen Bohrer angeschrägt. Sieht man auf dem Bild ein wenig schlecht, aber der Sinn der Sache
ist der, dass die Taljereeps, also die Taue, die später die untere und die obere Rüstjungfer miteinander verbinden, nicht an der Kante der Löcher so geknickt erscheint. Wurde im Original auch so
gemacht.
Dann wurden die Klebekante und die beiden Nadelstifte mit Ponal Turbo eingeleimt und das Rüstbrett mit Druck und Passgenauigkeit an seinen Platz gebracht.
Nun wurden die Rüsteisen angebracht. die Mittelteile sind nicht geschlossen, so dass man sie leicht in die Öse der Jungferneinfassung hängen kann. Dann den Draht wieder zurückbiegen, und fertig.
Was man hier aber schon erkennt: Die Rüsteisen haben unterschiedliche Abmessungen. muss ja auch so sein, am Ende sollen ja die unteren Enden der Befestigungsstücke, (nennt man gekröpftes
Glied...) einigermaßen in einer Linie sein. Und unterschiedlich deshalb, weil man die Rüsteisen nie senkrecht am Rumpf befestigt, sondern immer in Zugrichtung des jeweiligen Wanttaus. Dazu habe
ich den Großmast eingesetzt, an den Masttop ein Tau geknüppert und dann damit die jeweilige Richtung der Püttingseisen ermittelt.
Ich musste etliche Male die Eisen austauschen, um jeweils auf die richtige Länge zu kommen, aber am Ende passte es einigermaßen.
Dann noch Farbausbesserungen vorgenommen und den Kopf vom Befestigungsnagel geschwärzt. Die unteren Nägel bringe ich erst an, wenn die Wanten stehen, dann habe ich die exakte Ausrichtung.
Nach dieser Methode werde ich nun so nach und nach alle weiteren Rüstbretter bauen.
29. Februar 2016
Ich hatte ja eben berichtet, dass ich beim Anbringen der Rüsteisen an der Steuerbordrüste des Großmastes das Problem hatte, Teile immer wieder austauschen zu müssen, damit am Ende die Gesamtkonstruktion eine einigermaßen gerade Linie ergibt. Das hat Ursachen - man sollte manchmal auch das lesen, was irgendwo geschrieben steht, und zwar auf der Seite von dafi, also da, wo man die Ätzteile bestellen kann - siehe Bild 1.
Lustigerweise hatte ich, als mich dafi auf diesen Hinweis aufmerksam machte, bereits sämtliche Rüsteisenteile aus der Platine geschnitten und fröhlich ins gemeinsame Brünierbad geschmissen.
Zur Erklärung: dafi hat bietet seine Ätzteile ja an sich für Leute an, die eine Victory im Maßstab von 1:100 bauen - dafür passen die Teile perfekt. Ich baue eine 1:72-6rate-Fregatte und nutze
dafür die Rüsteisen der "kleinen" Vic. Zufällig passen sie bei mir, klasse. Aber ich bin mir sicher, dass ich die Probleme, die ich dabei habe, auch gehabt hätte, wenn ich die Teile in der für
die Vic vorgesehenen Reihenfolge genommen hätte. Zum einen hat die Vic mehr Wanten als die Mercury, zum anderen sind die Abstände und jeweiligen Winkel auch unterschiedlich.
Warum erzähle ich das? Zum einen, um mich selbst zu bestärken, dass mein wildes "Alles muss raus"-Gemetzel in dafis Ätzplatine doch kein so großer Fehler war, zum anderen, um eine Einleitung für
meinen heutigen Baubericht zu liefern.
Da ich mir denken kann, dass auch andere Nicht-Vic-Bauer dafis wunderbare Ätzplatinen nutzen oder nutzen wollen, möchte ich heute zeigen, wie ich das mache.
Nachdem ich bei der Steuerbordrüste des Großmastes erste Erfahrungen sammeln konnte und dann auch mitbekommen habe, dass die Teile unterschiedliche Größen haben, wobei die Abweichungen von einem
zum anderen oftmals winziglig sind, überlegte ich, wie ich das etwas struktierter angehen kann. Ok, die kritischen Teile sind jeweils die oberen Teile der Rüsteisen, also die, die direkt in die
Einfassung der unteren Rüstjungfer gehängt werden. Also klebte ich mit Klebeband etwas Klebeband auf einen Karton, und zwar so, dass ein schmaler Streifen Klebefläche nach oben zeigt. Ein vorher
gezogener Strich war die Grundlinie - und an der ließ ich dann die oberen Teile Aufstellung nehmen. Ich machte mir dabei nicht die Mühe, das der Größe nach zu befehlen - das sollte auch so
gehen.
Die Mittelteile sind zwar auch unterschiedlich groß, aber da gibt es nicht so viele Varianten, die waren schnell sortiert und liegen da einfach so rum, ebenso wie die gekröpften Glieder, also die
unteren Teile. Sieht man im Bild 2, was ich meine. In der Mitte liegt ein Pärchen, bereit zum Einbau.
Das wird nun in die Jungferneinfassung eingehängt (Bild 3).
Dann wieder der Trick mit dem Takelgarn am eingesteckten Mast, um die Richtung der Wanten zu bestimmen. Eine Stecknadel durch die Öffnung des Mittelstückes, dann die Suche nach der richtigen
Position, mit der Pinzette wird das Ende an die Bordwand geschoben, um den Punkt zu finden, an dem das Rüsteisen straff, aber auch richtig ran sitzt. Da muss man ein bissel hin und her
probieren.
Wenn ich die vermeintlich richtige Stelle gefunden habe, kam die Gegenprobe: Sitzt das Endstück, ausgehend von dem eben gefundenen Punkt, so, dass sich die unteren Enden der Rüsteisen alle
einigermaßen auf Linie befinden?
Und manchmal kommt man ja auf das Einfache erst, wenn man merkt, dass das Komplizierte genau das ist: kompliziert. Ab da habe ich das Pferd also rückwärts aufgezäumt: Zuerst wurde die exakte
Position des unteren Stücks gesucht, was sehr einfach ging, mit Fadenmethode und nur wenig probieren - und dann dort mutig ein Loch in die Bordwand gestochen.
Zwar muss ich jetzt noch immer nach dem passenden oberen Teil suchen, aber ich muss mir nicht die Bordwand auf der Suche nach der richtigen Position zerstechen, sondern brauche nur zu prüfen, ob
mit dem ausgesuchten Teil und dem eben gestochenen Loch die Gesamtkonstruktion straff sitzt. Klingt jetzt vielleicht etwas wirr - ich hoffe, ich konnte mich einigermaßen verständlich machen -
aber am Ende ging es wesentlich schneller. Dann das Farbtöpfchen geöffnet, die Nägelköpfe geschminkt und fertig ist. Auch hier werden die unteren Nägel erst dann eingesetzt, wenn die Wanten
stehen, um so die exakte Ausrichtung zu garantieren.
Vorbereitend auf weitere Rüsteisenorgien habe ich nun sämtliche Rüstbretter angebracht. Damit ist der Rumpf endlich ein ganzheitliches Ding, und da dachte ich mir, machen wir doch mal eine
Draufsicht. Und jetzt keine Bange: Ich nerve jetzt nicht mit weiteren umfangreichen Rüsteisenanbringorgien - wollte eben nur mal exemplarisch zeigen, wie ich das mit den dafi-Dingern gelöst
habe, auch für eventuelle Mercury-Nachbauer.
Nur das noch: Dieses winzige Rüsteisenleinchen über der Sückpforte, das ich im Bild 3 markiert habe, hat mich fast zum Wahnsinn getrieben! Immer wieder fiel das ab, verkantete sich, passte
nicht... Nun ist diese Stelle ja auch sowas von modellbauerunfreundlich! Dicht unter dem Rüstbrett - friemelig. Rundrum alles schwarz - augenfeindlich. Kanone ist einem ständig im Weg - nervig.
Und so sieht das aus, wenn der Bonden mit den Tücken des Modellbaus kämpft - da wird auf allen vieren gearbeitet!
Da hat das Knieen vor dem Modell selbst für mich überzeugten Atheisten einen Hauch von spiritueller Demut...
Kannste zwar so machen - sieht aber Sch***** aus!
29. Februar 2016
Schaltjahr - aber eh ich das geschalten habe, was ich hier verbockt habe! Meine Stirn ist schon blutig gekloppt vor Wut. Wieso? Man schaue auf die Jungfern... Das Einzelloch gehört nach unten! Kopf-Tisch-Kopf-Tisch... Zum Glück ist noch nichts verklebt, also heißt es am Wochenende neue Jungfern fräsen und nochmal das alles.
5. März 2016
Heute ging es rund in der Werft! Dieser Bockmist vom vorigen Wochenende musste beseitigt werden. Außerdem hatten mir die Fräslinien sowieso nicht so richtig gefallen, der Bohrer war zu dick und
überhaupt. Und so habe ich mir einen Vorgriff auf ein bevorstehendes persönliches Beschenktwerdedatum erlaubt und mir einfach schon mal selbst was geschenkt. Nämlich dieses nette kleine
Proxxon-Maschinchen. Dazu noch diverse feine und feinste Bohrer.
Ich habe ja ein ähnliches Teil von Westfalia, vor einigen Jahren mal gekauft, aber das ist irgendwie ... unhandlich, das Netzkabel ist ein dickes, starres Ding und zerrt ständig am Gerät beim
Arbeiten, egal wie man es hält. Außerdem hat das Ding dort, wo andere Geräte ein Bohrfutter haben, nur zwei austauschbare Halterungen zur Aufnahme von diversen Werkzeugen. Und das ist dann auch
noch eine so unmögliche Größe, dass sämtliche Dremel-, Proxxon- und sonstige Bohrer und andere Teile eben nicht passen. So dünne Bohrer, wie man im Modellbau braucht, brechen auch schnell
mal ab, und da krankte das alte Gerät eben auch an der Neubeschaffung. Jedes Mal mit Versandkosten und Wartezeit und der unweigerlich nachfolgenden enormen - bei Westfalia überaus enormen -
Werbeflut leben zu müssen hat mich insgesamt in der Überzeugung bestärkt, mir jetzt endlich was Vernünftiges zu beschaffen. Zwar ahne ich schon, was da auf mich zukommt, nämlich die Versuchung
von kombinierbaren Zurüstteilen (wie z.B. ein Bohrständer...), aber in dem Zuge, in dem ich meine Ansprüche an die Qualität meiner Modellbauerei hochschraube, muss ich eben damit leben. Mach ich
auch gern...
Die Proxxon hat ein Schnellspannfutter und ist hinsichtlich der Durchmesser dessen, was man ihr da vorn reinschiebt, innerhalb ihrer konstruktionsbedingten Parameter stufenlos variabel, was mich
in die komfortable Lage versetzt, all die schönen Werkzeuge der alten Maschine nutzen zu können.
So, jetzt aber zurück zur Mercury. Wie bereits weiter vorn erwähnt, hatte ich glücklicherweise noch nichts fest verklebt an den Rüstbrettern, so dass ein Schritt-für-Schritt-Austausch relativ
zügig vollzogen werden konnte. Zuvor wurden aber frische Jungfern mit der neuen Maschine auf Taljereep-Linie gefräst.
Dann habe ich Stück für Stück die ollen Jungfern gegen junge - ähm, neue ausgetauscht und vereinzelt auch nochmal die oberen Rüsteisen getauscht. Und wenn ich jetzt die Bilder so sehe, werde ich
wohl morgen nochmal hier und da ein wenig korrigieren, um die untere Abschlusslinie der gekröpften Glieder (ich werde über diesen Begriff einfach nicht fertig...) noch etwas harmonischer
zu gestalten.
So, die Bilder liefern den Beweis, dass auf beiden Seiten die Rüstjungfern ihre Löcher jetzt am richtigen Platz haben.
Und das letzte Bild dieses Tages trägt den Titel "Lehrgeld".
6. März 2016
Heute ging es dann an die Fockrüsten. Die sind insofern etwas anders als die Großmastrüsten, als dass die drei vorderen Rüsten nicht mit dem Rundumsorglos-Komplettpaket an Rüsteisenteilen bestückt werden, sondern bei ihnen das gekröpfte Glied fehlt; statt dessen wird das Mittelteil am Ende etwas gebogen und dann direkt an der Bordwand mit 'nem dicken Nagel festgekloppt. Also bei mir mit einem kleinen dünnen Nagel...
Ah, da hat sich doch glatt einer dieser Nägel hinterlistigerweise versteckt, als ich mit dem Farbtöpfchen vorbeischaute... Na warte!
Das mit den verkürzten Rüsteisen hat seinen Grund - allerdings hab ich da jetzt auch eine Frage:
Die Bauanleitung sieht so eine Verkleidung für die Fockrüsten vor, vermutlich als Schutz vor Beschädigungen durch die Anker.
Da das Teil im Bausatz zu kurz war, muss ich es neu machen, was ja kein Problem ist. Ich stelle mir jetzt nur die Frage, ob das überhaupt richtig ist - in meinen zugegebenermaßen nicht allzu
guten Fotos aus dem NMM (National Maritim Museum, Greenwich), die ich vor einigen Jahren mit einer kleinen Kompaktkamera schoss, habe ich ein solches Teil auf keinem der dort ausgestellten
Modelle gesehen. Da muss ich mich mal schlau machen.
Und wenige Stunden später bin ich schlauer und kenne auch einige Namen für dieses Teil: Anchor-Linning und Billboards- zu deutsch Ankerscheuer, auch Schweinsrücken genannt. Dieser
dient in der Tat zum Schutz der Fockrüsten vor Beschädigungen durch den Anker.
Aber egal wie man es nennt - auf jeden Fall sollte man es erst anbauen, wenn man die Fockmastrüsten dran hat. Und ich hab das Teil jetzt angebaut.
28. März
Inzwischen habe ich die Stückpfortendeckel dran - aber das erzähle ich im nächsten Kapitel, da ich jetzt erst einmal den Bau der Rüsten abschließen möchte.
Was mir noch nicht gefallen hat, war die untere Linie der gekröpften Glieder an den Großmastrüsten. Die hatte ich zuerst gebaut, und da ist mir noch nicht so richtig bewusst gewesen, dass dafis Ätzteile dadurch, dass die mittleren Rüsteisen alle unterschiedliche Maße haben, viel mehr Möglichkeiten bieten. Nun, das ließ sich jetzt nicht mehr neu bauen, aber ich habe dennoch eine Lösung gefunden, dort optisch nachzubessern. Bild 1 zeigt, wie es vorher aussah.
Da ich ja die unteren Befestigungsnägel noch nicht verklebt hatte, konnte ich sie leicht wieder rausziehen. Dann habe ich einfach die untere Öse aufgeschnitten, die Enden zurechtgebogen, dann den Befestigungsstift etwas tiefer eingesetzt, nachkorrigiert und festgeleimt. So schaut's allemal besser aus.
Nach der Methode werde ich nun schauen, wo ich noch Nachbesserungsbedarf sehe, und dann ist das Kapitel Rüstbretter endgültig erledigt.
Nachtrag/Update Februar 2017
Spätestens wenn es irgendwann für die Rüsteisen ernst wird und sie den Zugkräften der steifgesetzten Wanten ausgesetzt sind, merkt man, wie wichtig eine möglichst feste Verbindung aller Teile ist. Ich habe beim Auftakeln des Fockmastes gelernt, dass es durchaus passieren kann, dass sich beim Straffziehen der Taljereeps das obere Glied der Rüsteisen aufbiegt und dadurch die Jungfer plötzlich aus dem Rüstbrett springt. Besonders blöd, wenn das dann bei einer passiert, die hinter dem Ankerscheuer an der Fockrüste sitzt... Sorgfalt bei der in diesem Kapitel beschriebenen Arbeit zahlt sich also später doppelt aus.