Die gepimpte Reeperbahn
8. November 2016
Weiter vorn in diesem Baubericht habe ich ja erzählt, dass ich mir eine Reeperbahn gekauft habe, von der Firma Krick.
Ich war ja anfangs begeistert von meiner kleinen Reeperbahn, zum einen, weil ich zum ersten Mal überhaupt Taue selbst geschlagen habe und zum anderen, weil es anfangs auch wunderbar flutschte.
Gut, nach drei Tauen musste erstmal der Krampf aus den Kurbel-Fingern geschüttelt werden, aber jeden Tag mal ein bis zwei Taue schlagen schafft ja auch mit der Zeit.
Bald jedoch wurden die erheblichen Nachteile deutlich: Da die beiden Scheiben, an denen die Garnenden befestigt werden (Plast-Zahnrad an der einen, Holzscheibe an der anderen), nur mit
Sekundenleim auf Messingachsen gesteckt werden, lockern sich diese Verbindungen sehr schnell, so dass man ins Leere kurbelt. Nun ja, und dann das Kurbeln selbst - irgendwann hat man es eben
satt.
Es gibt nicht wenige passionierte Schiffsmodellbauer, die über ganz tolle Selbstbau-Maschinen verfügen. Ich bin mir aber sicher, dass mir dazu ein paar entscheidende Dinge fehlen: Equipment,
Können, Lust... Also überlegte ich, wie ich mit möglichst geringem Aufwand meine Krick-Bahn optimieren könnte.
Nun, das Teil, welches man zum Verdrillen der einzelnen Adern braucht, war schnell verändert: Ich bohrte sowohl durch das Kurbelteil als auch durch die Zahnrad-Achse ein Loch und steckte
Blumendraht hindurch, den ich dann zusammendrehte und die überstehenden Enden abschnitt. Jetzt sitzen Kurbel und Zahnrad bombenfest auf der Messingachse, und da das Verdrillen ja recht flink
geht, stört es mich auch nicht, dass ich da weiterhin selbst die Kurbel drehen muss. Am anderen Ende waren die Veränderungen schon radikaler: Kurbel und Messingachse flogen in den Müll. Dafür
bohrte ich die Öffnung auf 10 mm auf, so dass ein 12-V-Motor (gekauft bei Conrad) mit dem Ende, aus dem die Antriebsachse ragt, durchgesteckt werden konnte. In die Keilriemenscheibe, die dem
Motor beilag (der Name steht so auf der Tüte), bohrte ich ein Gewinde und befestigte sie dann mittels Schraube auf der Holzscheibe mit den drei Haken für die Garnenden. Mein alter Eisenbahn-Trafo
sorgt für den nötigen Strom.
Und es funktioniert!
Alles in allem aber habe ich mit wenig finanziellem und arbeitstechnischen Aufwand meine Krick-Bahn erheblich verbessert. Alte Takelfüchse werden dennoch nur müde lächeln, aber vielleicht sind ja
meine Ausführungen für den einen oder die andere Reeper-Novizen eine Anregung. Und die Krick-Reeperbahn kostet ja auch nicht die Welt...
Das noch: Der erste Motor hatte eine zu niedrige Drehzahl, da dauerte es fast 10 Minuten, ehe ein Tau von einem knappen Meter Länge geschlagen war. Jetzt habe ich einen ansonsten baugleichen,
aber wesentlich höher dimensionierten Motor, und der flitzt nur so! Das reine Schlagen eines Tauert dauert jetzt keine 40 Sekunden mehr; nimmt man die anderen Arbeiten dazu (Befestigen der drei
Garnstücke, Verdrillen der Adern durch Handkurbeln, Herausschneiden des fertigen Taus, durchs Bienenwachs ziehen, um letzte Fusseln wegzubekommen), brauche ich je Tau keine 4 Minuten. Und da ich
nach der Mercury ja auch weiterhin historische Segelschiffe bauen werde, war das allemal eine lohnende Investition.
Hier noch ein paar Bilder:
Der Klüverbaum wird erneut verändert
20. November 2016
Ich stecke noch immer in Vorbereitungsarbeiten für das Auftakeln. Nach nochmaligem intensivem Blick in die Fachliteratur sowie nach Rücksprache mit einigen "Modellbaugöttern" auf diesem Gebiet
steht für mich fest, dass meine Mercury keine Bovenblinde fährt. Das ist die kleine, vordere Rah unter dem Klüverbaum. Das führt dann dazu, dass die Nock des Klüverbaums neu gestaltet werden
musste - außerdem war ich mit dem derzeitigen Stand eh nicht so richtig zufrieden.
Bisher sah es so aus:
Ich hatte weiter vorn gezeigt, wie ich diese Stropps hergestellt habe und wozu sie dienen. Der mit den zwei Augen (oder auch Buchten) wird für die bewusste Bovenblinde gebraucht - also kann der
bei meinem Modell ab, ebenso der einzelne Block, der nach unten hängt.
Außerdem habe ich mich in einer Sache grundlegend anders entschieden. Weiter vorn schrieb ich:
"So, als nächstes soll dann ein Dreier-Stropp auf die Nock kommen. Ihr seht hier im Bild das Gebilde mit den drei Tau-Ösen, die nennt man Buchten. (Wenn ich euch jetzt erzähle, dass da im
Original Kauschen reingehören... nee, ich lass es. )"
Kauschen, genau. Runde Metallringe, durch die dann Taue laufen. Da kann man nicht einfach nur eine Schlaufe in das Tau machen, die Reibung würde im Nu diese Schlaufe zersägen; außerdem - und das
ist auch hier für das Modell wichtig - bewirken die Zugkräfte, dass aus dem schönen runden Auge eine hässliche langgezogene Träne wird. Also habe ich mir Messingrohre mit verschiedenen
Innendurchmessern gekauft und so lange das Abschneiden von dünnen Scheibchen geübt, bis es einigermaßen geklappt hat. Diese werden dann auf einen dünnen Draht gefädelt, ins Brüniermittel getaucht
und einige Zeit später hübsch geschwärzt wieder rausgeholt.
Dann das entsprechende Tau darum anbringen (Ponal Turbo mit spitzen Zahnstocher auf die Außenseite, Tau festdrücken) und mit dünnem Garn abbinden.
Und ich weiß mittlerweile, dass es unglaublich viele Ecken an so einem Schiff gibt, wo richtigerweise eben keine Blöcke, sondern Kauschen zum Einsatz kommen.
Ach ja - den Stropp mit den drei Augen brauche ich auch nicht; im Schrage fand sich der Hinweis, dass bei Schiffen von der Größe meiner Mercury das Vorbramstag durch einen Leitblock geschoren
wird. Also einen neuen Stropp mit zwei Kauschen gefertigt, den Leitblock für das Stag angebracht - und nun ist's so, wie es sein soll:
Operation am offenen Herzen
So, weiter ging es; wir sind noch immer ganz vorn am Schiff. Am Bugspriet sind ja bereits einige Stage befestigt, die Wasserstage und die Bugstage, beide gehen ja nach unten zum Rumpf. Nun widmen
wir uns mal den Stagen, die nach oben führen.
Die Fertigung des Stagkragens für das Großstag habe ich bereits gezeigt. Heute nun die Vorbereitung für zwei weitere Stage, und zwar das Fockstag und das Fockborgstag.
Wie beim Großstag auch benötigen wir auch hier Stagkragen, also gewissermaßen die Gegenstücke zum Stag. Beide Kragen werden am Bugspriet befestigt.
Die Bauanleitung von Shipyard meint, hier normale Herzkauschen zu nehmen. In Wahrheit wurden aber "offene Herzen" verwendet. Und bevor ich das jetzt umständlich erkläre, hier ein Bild eines
Modells der HMS Pandora, gewissermaßen ein Schwesterschiff meiner Mercury: Klick hier!
Und nochmal: Klick hier!
Also brauchte ich zwei offene Herzkauschen.Da auf diesen Teilen später enorme Zugkräfte wirken, wollte ich sie lieber nicht aus Karton fertigen und wagte mich also an die Holzbearbeitung. Zuerst
mal wurde das Profil eines Rundstab in die richtige Form gefeilt; dann wurde eine Nut gefräst. Wobei fräsen nicht wirklich stimmt; ich habe das mit der Kante einer Schlüsselfeile sowie der
Knickkante von Sandpapier getan. Holzbearbeitung ist eben bisher nicht mein Ding gewesen...
Dann wurde mit der Laubsäge eine Scheibe abgesägt, und da lag der rohling für meine Herzkausche.
Dann spannte ich den in meinen kleinen Schraubstock und versuchte, mit der Proxxon und einem dünnen Bohrer das Innere der U-Form herauszuarbeiten. Dann hat es "Knack" gemacht, und der erste Versuch landete im Papierkorb...
Der nächste Versuch war dann schon von Erfolg gekrönt - jetzt noch von Hand und vorsichtig feilen.
Da war dann noch richtig viel Schleifarbeit nötig. Aber dann ging es ans Einbinden. Beide Stagkragen werden jeweils aus einem durchweg gekleedeten Tau gefertigt. Dieses wird dabei doppelt genommen, das heißt, das Tau wird so um das Herz gelegt, dass zwei gleichlange Schenkel entstehen, die man dann an den beiden Seiten der Herzen festbändselte. Hmm, so ein Tau hat bekanntlich einen Anfang und ein Ende. Im Original wurden die miteinander verspleißt, ich musste eine andere Lösung finden. Also klebte ich zuerst ein Ende des gekleedeten Taus genau an die Stelle, an der später die Bändselung hinkommt. Genau auf Stoß klebte ich dann das andere Ende des Taus dagegen - auch hierfür wurde wieder Ponal Turbo verwendet. Danach ist der Rest relativ schnell getan; Tau so formen und festkleben, dass es passt, dann die beiden Bändselungen anbringen, und fertig sind die zwei Stagkragen - und man sieht nicht mehr, wo das Tau seinen anfang und sein Ende hat. Am Ende durften die beiden Stagkragen schon mal zur Probe auf dem Bugspriet reiten.
Nachoperation...
15. Dezember 2016
Erneut bin ich unzufrieden mit dem, was ich gebaut habe. Es geht nochmals um die beiden offenen Herzkauschen für den Fockstagkragen und Fockborgstagkragen. In meiner Holzbearbeitungsunkenntnis habe ich zur Herstellung wohl ein recht hartes Holz genommen, vermutlich Buche. In dem Expertenforum für historische Segelschiffe, in dem ich auch unterwegs bin, meinte jemand lakonisch: "Richtiger Gedanke - falsches Holz!" Aber hilfsbereit wie die Götter dort sind, bekam ich gleich ein paar Stücken Rundhölzer von Birke und Nussbaum zugeschickt. Mit diesen sowie elementaren Ratschlägen ging ich ans Werk und fertigte mir die beiden offenen Herzen neu. Das Ergebnis überzeugte, auch die Produktion selbst, denn nur einmal Bruch war zu verzeichnen, bevor die beiden neuen Herzen fertig vor mir lagen. Also ran an die Stagkragen, alles neu macht der Dezember. Und man sieht die Unterschiede, wie ich finde. Oben die alten, unten die neuen. Und die neuen Kragen werden dann verwendet, wenn irgendwann mal die beiden Fockstage gesetzt werden.
Neue Shipyard-Scherze
Wieder einmal gibt es Anlass, sich über Shipyard zu ärgern. Ich baue ja gern mal etwas unkonventionell, also nicht stur in der vorgegebenen Reihenfolge, sondern auch mal so, wie es mir grad passt. Ich hatte Lust, schon mal eine Rah vorzubereiten. Ich nahm mir dazu die Blindenrah vor, feilte und schliff händisch dafür ein dünnes Rundholz beidseitig leicht konisch und schaute, was laut Bauanleitung noch erforderlich ist. Klar, so eine Rah benötigt bestimmte Klampen. Die sind in der Bauanleitung auch konkret bezeichnet, aber auch nach heftigstem mehrmaligen Durchsuchen aller Lasercut-Bögen war keine einzige Klampe auffindbar. Also muss ich sie mir wohl selber herstellen, denn leider brachte ein freundliches Nachfragen bei Shipyard Null Reaktion hervor... Gut, ist jetzt sicher nicht das Problem, aber ich finde es sehr bedauerlich, dass zum wiederholten Mal Teile fehlen - und das bei diesem ja insgesamt doch sehr preisintensiven Bausatz.
Also hab ich sie mir aus Karton selbst hergestellt, war ja nun wirklich kein großer Akt. Und so sieht die Blindenrah jetzt aus: